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 Persönliche Erklärung der studentischen Senatsmitglieder zu TOP 15) Promotionsordnung der Juristi­schen Fakultät der 399. Sitzung des Senatsam 17.04.2012


0. Geschlechtsneutrale Sprache
Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Juristische Fakultät der Universität Heidelberg in ihrer Promotionsord­nung eine geschlechtsneutrale Sprache gewählt hat und sich hier bspw. im Vergleich zur Neuphilologischen Fakultät deutlich hervortut. Zum vorliegenden Entwurf haben wir folgende Anmerkungen:


1. §4(2) Allgemeine Zulassunsvoraussetzungen:
In der SAL-Sitzung am 16.03.2010 wurde die Promotionsordnung der Juristischen Fakultät unter dem da­maligen Prorektorat Pfeifer, seines Zeichens Jurist, abgelehnt, da die Studierenden und die Fachschaft dem SAL plausibel machen konnten, dass eine Anhebung von 6 auf 6,5 Punkte als Untergrenze zur Promotion nicht notwendig ist. In Anbetracht der anderen Anforderungen, die dann noch zu erfüllen sind erscheint dies sinvoll. So bestehen z.B. folgende Anforderungen: Die Vorlage von Seminarzeugnissen, die Stellungnahme eines Hochschullehrers oder einer Hochschullehrerin sowie der Arbeitsplan des oder der Promovierenden, dem zu entnehmen ist, dass er oder sie die Promotion erfolgreich abschließt, sind notwendig. Am 21.09.2010, inzwischem unter dem Prorektorat Nüssel brachte die Juristische Fakulltät die Promotionsordnung erneut ein, die dann trotz studentischer Gegenstimmen dem Senat zur An­nahme empfohlen wurde. An dieser Position halten wir in Rückkopplung mit der Fachschaft weiterhin fest. Jedoch räumen wir ein, dass es bei der Überarbeitung innerhalb des Faches der Prüfungsordnung nicht vordergründig um diesen Aspekt ging, sondern andere Aspekte im Vordergrund standen, die für die Studierenden wesentliche Verbesserungen bedeuten. Daher erneuern wir zwar unsere Ablehnung einerseits, messen diesem Punkt vor dem Hintergrund der aktuellen Überarbeitung jedoch keine überragend große Bedeutung bei.


2. Zu §4(3), §6(1) Allgemeine Zulassungsvoraussetzungen im Allgemeinen und im Speziellen für aus­ländische Bewerber und Bewerberinnen
Einerseits sehen wir keine unmittelbare Notwendigkeit dazu, für eine Promotion generell zwei Semester an der Juristischen Fa­kultät der Universität Heidelberg und für ausländische Studierende zusätzlich zu diesen zwei Semestern ge­nerell zwei weitere Semester (ingesamt vier) an einer deutschen Hochschule zu absolvieren. So wird man in der Regel nur zur Promotion zugelassen, wenn ein vollbefriedigendes Prädikatsexamen vorliegt oder eines, dass der Promotionsausschuss als gleichwertig anerkennt. In diesem Fall wird offensichtlich davon ausgegan­gen, dass derjenige Absolvent oder diejenige Absolventin, über die für die Promotion notwendigen Kompe­tenzen verfügt. Dass nun eine bestimmte Semesteranzahl in Heidelberg bzw. an deutschen Hochschulen vor­gegeben wird, zeigt jedoch, dass es hierbei nicht um die Kompetenzen des Absolventen bzw. der Absolventin geht, sondern vermutlich um konkrete Inhalte bzw. Wissen. 
Dies ist nun in dieser Form nicht mehr zeitgemäß. Im Antrag der Universität Heidelberg für die Qualitäts­offensive von Bund und Ländern zur Verbesserung der Lehre formulierte die Universität Heidelberg: „Zum Leitbild der Universität gehört es, Forschung und Lehre in allen Phasen der akademischen Ausbildung zu verbinden und Studierende in forschungsorientierten Lehr-Lern-Programmen frühzeitig an Forschungsprozesse heranzuführen. […] Als zentrales Thema hat sich die Kompetenzorientierung der Studiengänge herauskristallisiert.“ Nun könnte man einwenden, dass der Antrag der Universität Heidelberg nicht befürwortet wurde und diese Debatte an sich nun müßig wäre. Jedoch äußerte sich die Prorektorin für Lehre im ruprecht vom 24.01.12, dass die Fakultäten mit diesem Antrag, unabhänig von seinem Ausgang, eine Selbstverpflichtung eingegangen seien. Ebenfalls wird in den Q+-Klausuren der einzelnen Studiengänge auf eine Kompetenzorientierung geachtet. Mit Blick darauf sehen wir die Prüfungsordnung in dieser Hinsicht zunächst kritisch. Andererseits ist diese Kritik aufgrund der speziellen Fachkultur und Kapazitäten der Juristischen Fakultät auch wieder zu relativieren: So sind die Zulassungsvoraussetzungen in überwiegender Weise auf die Spezialität und nationalen Spezifität des Studiums der Rechtswissenschaften zurückzuführen. Die zwei vorausgesetzten Hochschulsemester in Heidelberg sind keinesfalls eine Erfindung der Juristischen Fakultät Heidelberg, sondern auch an anderen Universitäten Gang und Gäbe. Innerhalb dieser zwei Semester haben die zukünftigen DoktorandInnen die Möglichkeit, sich mit der wissenschaftlichen Arbeitsmethode in Heidelberg und vor allem mit dem deutschen Recht vertraut zu machen. Diese Einschränkung gilt im Übrigen auch für Studierende mit deutschem Staatsexamen und ist auf beschränkte Kapazitäten zurückzuführen.


3. Zu den Voraussetzungen für ausländische Studierende im Speziellen:
Zunächst muten die Anforderungen für ausländische Studierenden recht hoch an: Sie müssen an einem Seminar teilnehmen und innerhalb eines Vierteljahres zwei Klausuren anferti­gen, obwohl der Promotionsausschuss bereits die Gleichwertigkeit ihres Examens gegenüber einem Prädi­katsexamen gemäß JAPrO festgestellt hat. Diese Klausuren können auch nur einmal wiederholt werden, was den Bedingungen einer Abschlussprüfung mit einer begrenzten Anzahl an Fehlversuchen entspricht. Hiermit wer­den ausländische Studierende trotz eines gleichwertigen Examens deutlich schlechter gestellt als deutsche Studierende, die kein Prädikatsexamen haben und noch bis zu einer Note von 6,5 Punkten zugelassen wer­den können. Die scheinbare Anerkennung von Examina ausländischer Studierender halten wir somit für eine Farce, die durch Paragraphendschungel dieser Prüfungsordnung ausgehöhlt wird. Hierbei haben wir auch aus sozialen Gründen Bedenken, da der Absolvent oder die Absolventin im Falle eines Schei­terns seine oder ihre Zeit umsonst in Heidelberg verbracht hat und sich die zeitlichen und finanziellen Auf­wendungen hätte sparen können. Trotz dieser gravierenden Bedenken halten wir diese Zulassungsvoraussetzungen aber angesichts der Spezialität und nationalen Spezifität des Studiums der Rechtswissenschaften für gerade noch vertretbar. Die aktuellen Änderungen stellen eine Erleichterung für die ausländischen BewerberInnen dar, was wir begrüßen. Diese müssen nun nur noch zwei anstelle von drei Klausuren schreiben und, aufgrund der Abschaffung des Rigorosums, nicht mehr den gesamten Inhalt des deutschen Rechts für ihre Promotion beherrschen. Diese Verbesserungen gehen allerdings noch nicht weit genug, wenn auch positive Tendenzen erkennbar sind.


4.§5 (2) Zulassung von Fachhochschulabsolventen und Fachhochschulabsolventinnen
Nur wer als Absolvent einer Fachhochschule zu den besten 10% (ECTS-Note A) seines Jahrgangs gehört, kann überhaupt erst in einem gesonderten Verfahren seine Eignung unter Beweis stellen, um an der Juristi­schen Fakultät der Universität Heidelberg zu promovieren. Als ausschließliches Kriterium sehen wir dies kritisch. da eine relative Note nicht zwingend etwas über die Eignung aussagt und es hierbei nur Reduktion der Bewerbungen geht. Andererseits trägt eine absolute Note nicht dem Rechnung, dass es bei der Erbringung der Leistung Faktoren gegeben haben könnte, die dafür sorgen, dass Absolventen und Absolventinnen gemessen an den Anforderungen keine hervorragende Leistung mehr erbringen können. Daher sind wir dafür, dass solche Studierenden entweder eine absolute Note vorweisen, die definiert wird, oder aber zu den besten 10% gehören sollten, um beiden Problem Rechnung zu tragen.


5. §11 Dissertation
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Arbeit in einer anderen europäischen Hauptsprache verfasst sein kann. Hierbei muss der  bzw. die jeweilige Promovierende einen Hochschullehrer oder -lehrerin finden, der oder die die Sprache als Muttersprache schriftlich und mündlich beherrscht. Die Korrektur durch einen Muttersprachler dient hierbei der sprachlichen Qualität der Arbeit, welche für juristische Dissertationen von hoher Bedeutung ist. Wir sind jedoch der Auffassung, es sollte sich hierbei nicht um Muttersprachler bzw. Muttersprachlerinnen handeln, sondern um Hochschulleh­rer oder -lehrerinnen, die die Sprache auf dem Niveau der Muttersprache beherrschen. Dies wäre eine deutlich praktikablere Lösung.


6. Zu §12 (2) Begutachtung der Dissertation: 
Wir begreifen nicht, wieso die Begutachtung erst nach zwei Semestern abgeschlossen sein muss. Dies ist für Promovierende ein vergleichsweise Zeitraum. Andere Fakultäten sind hier deutlich schneller: Die Neuphilologische Fakultät sieht hier nur drei Monate vor, die theologische Fakultät veran­schlagt sechs Monate, die philosophische drei Monate, um nur einige Beispiele zu nennen. Andererseits ist die Korrekturzeit den Bemühungen der Fakultät um sauberes wissenschaftliches Arbeiten geschuldet, was wir gutheißen. Es handelt sich hierbei auch um eine Höchstdauer, die regelmäßig unterschritten wird und deren Ausreizung v.a. von der Anzahl der zu betreuenden DoktorandInnen abhängt. Daher erscheint es uns aus dieser Warte wieder akzeptabel, da ansonsten bei weniger Zeit auch weniger Studierende eine Promotion absolvieren könnten und es damit auch durchaus im Sinne der Studierenden ist, eine solche Frist zu veranschlagen.


7. §15 Disputation

Wir begrüßen ausdrücklich, dass das Rigorosum abgeschafft wurde und durch eine wissenschaftliche Dispu­tation ersetzt wird. Doch hieran zeigt sich erneut, dass ausländische Studierende nach §6 schlechter gestellt werden. Müssen Absolventen und Absolventinnen eines Staatsexamen mit Prädikat an einer deutschen Hochschule nun keine Klausuren mehr schreiben, "weil es ihnen unwürdig" ist, so ist faktisch die Eignungsfeststellung für Absolventen und Absolventinnen eines ausländischen Jurastudiums vergleichbar mit einem Rigorosum. Jedoch erkennen wir hierbei auch die nationale Spezifität des Jurastudiums, die wohl mit keinem anderen Studiengang vergleichbar ist. Wer in deutschem Recht promovieren möchte, sollte auch dementsprechend belegen, dass er/sie über den hierfür notwendigen Wissensstand verfügt.


8.§15 (8) mündliche Prüfung

Sechs Monate Mindestfrist bis zur Wiederholung scheinen uns recht lang. So sollte es der Eigenverantwortung jedes Bewerbers und jeder Bewerberin unterlie­gen, wann er oder sie den zweiten Versuch unternimmt. Wir begrüßen hierbei jedoch die große Maximal­zeitspanne. Die lange Frist bietet dem Durchgefallenen überdies die Möglichkeit, sich ausreichend intensiv auf die Wiederholungsprüfung vorzubereiten. Andererseits können die Termine momentan nicht häufiger angeboten werden.


9. §17 (3) Veröffentlichung der Dissertation
Wieso müssen von der Dissertation 55 Exemplare vorgelegt werden? Hierbei weicht die Juristische Fa­kultät stark nach oben ab: So müssen bspw. in der Neuphilologischen Fakultät maximal vier Exemplare, an der Philosphischen vier Exemplare, an der Fakultät für Empirische Verhaltens- und Kulturwissenschaften sechs Exemplare bereitgestellt werden. Hierbei ist für uns die Kostenfrage von entscheidender Bedeutung: Geht man bei einer Promotion, wie vom Studiendekan in der Sitzung ausgeführt, von einer Dissertation mit einem Umfang von ca. 300 Seiten aus, so kommt man hierbei auf 16500 Seiten. Dies ergibt – unabhängig von ökologischen "Kosten" – Kosten von ca. 500 Euro für diese Exemplare, was sich nicht alle ohne Weiteres leisten dürften. Jedoch ist dieses Szenario zunächst hypothetisch: Im Falle eines Druckes durch einen wissenschaftlichen Verlag, was der Norm entspricht, kann die Anzahl der Pflichtexemplare auf 8 reduziert werden. Im Vergleich zu anderen juristischen Fakultäten, wie z.B. Tübingen mit 80 oder Freiburg mit erschreckenden 87, ist die Anzahl der anzugebenden Pflichtexemplare übrigens vergleichsweise gering, was aber natürlich keine ausreichende Begründung für die dennoch große Zahl darstellt.


Aus den dargestellten Gründen haben wir uns enthalten. Wir sehen bei der Änderung der Promotionsordnung durchaus kritische Punkte. Allerdings wollen wir aber dem konstruktiven Prozess innerhalb des Faches zwischen Lehrenden und Lernenden nicht im Wege stehen.