Antrag zu Distanzierung der Exzellenzini-/Lehre Zurufkommission

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Antrag zur Distanzierung von der Zurufkommission zur Lehre in Zusammenhang mit der Exzelleninitiative

Der Antrag befasst sich lediglich mit der Frage, welche Auswirkungen die Exzelleninitiative auf die Lehre haben kann und inwiefern sie sich auf sie positiv bzw. negativ auf sie auswirkt sowie der, inwiefern eine Mitarbeit in einer Zurufkommission zur Exzellenzinitiative sinnvoll für die Verbesserung der Lehre ist.

Zunächst hierzu Grundlegendes zur Exzellenzinitiative: Mit Blick auf die einzelnen Fachdisziplinen. Kann hier nicht von gleichen Chancen die Rede sein: Dafür haben die Kriterien des Exzellenzwettbewerbs schon gesorgt. Die in der Bund-Länder-Vereinbarung als entscheidend geforderte internationale Sichtbarkeit lässt sich in den Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie der Medizin, in denen internationale Großprojekte alltäglich sind, in denen weltweit bekannte Preise (wie vor allem der Nobelpreis) vergeben werden und in denen die nationale Sprache und Kultur keine oder allenfalls eine sehr untergeordnete Rolle spielen, sehr viel leichter herstellen als in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Auch lässt sich die in derselben Vereinbarung als wichtige Voraussetzung angeführte „wirtschaftliche Relevanz“ von ihnen ungleich einfacher nachweisen.
Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Verteilung der Mittel noch deutlich ungleichgewichtiger als in den Hochschuletats ist, wo die Geistes- und Sozialwissenschaften schon jetzt massiv benachteiligt sind. Sie bekommen, obwohl bei ihnen ungefähr doppelt so viele Studierende eingeschrieben sind wie in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, nur halb so viel Geld. Im Exzellenzwettbewerb ist es nicht einmal mehr ein Fünftel. Die Exzellenzinitiative geht also mit einer Verschiebung der Relationen zwischen den fünf großen Wissenschaftsgebieten (Geistes-, Sozial-, Ingenieur- und Naturwissenschaften sowie Medizin) einher.
Wenn der Historiker Ulrich Herbert, einer der Geisteswissenschaftler im Wissenschaftsrat, der zusammen mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Exzellenzinitiative koordiniert und organisiert hat, im Tagesspiegel vom 27. Januar 2005 offen sagt, die Exzellenzinitiative sei „nicht der Ort, an dem die Stärken der Geisteswissenschaften sichtbar werden“, und gleichzeitig ihre Leistungsfähigkeit im internationalen Vergleich mit den Worten rühmt, „nirgendwo in der Welt ist die Dichte und Qualität der Fächergruppe so hoch wie in Deutschland“, dann wird eines deutlich: die Geistes- wie auch die Sozialwissenschaften sind nicht an ihrer mangelnden Qualität gescheitert, sondern an den strukturellen Vorgaben des gesamten Wettbewerbs. Der öffentliche Anspruch der Initiative, bei ihr gehe es ausschließlich um die Leistung und um nichts anderes, entspricht offensichtlich nicht der Realität.
Will nun eine Hochschule in der Exzellenzinitiative erfolgreich sein, so hat sie umso größere Aussichten darauf, indem sie sich mit möglichst vielen Ressourcen auf Fächer konzentriert, die viele Drittmittel einwerben.

Soviel allgemein zur Exzellenzinitiative. Was bedeutet dies nun speziell für die Universität Heidelberg bzw. für die Lehre?

Bevor dies geklärt werden kann, sollte noch ein Blick auf die Kriterien der Leistungsorientierten Mittelvergabe geworfen werden1: Dort steht u.a., dass Hochschulen umso mehr Mittel vom Land bekommen, desto mehr Drittmittel sie einwerben.
Werden nun bei der Bewerbung in der Exzelleninitiative lukrative Fächer, das heißt auch Fächer die mö3Drittmittel einwerben, die Medizin, die Ingenieurs- und Naturwissenschaften und Informatik wesentlich stärker berücksichtigt als die Geistes- und Sozialwissenschaften, so sorgen die Kriterien des Landes Baden-Württemberg, nach denen die Universität ihre Gelder erhält dafür, dass dies noch weiter verstärkt wird.

Aus Exzellenzinitiative und der Leistungsorientierten Mittelvergabe des Landes Baden-Württemberg ergibt sich folglich eine Spirale: Universitäten, die sich auf lukrative Fächer konzentriert haben, die durch Drittmittel gefördert werden, haben bei der Exzelleniniative größere Chancen. Universitäten wiederum, die durch die Exzellenzinitiative mehr Geld erhalten, bekommen nun auch mehr Geld vom Land Baden-Württemberg. In diesem Gefüge bekommt die Universität durch lurkative Fächer immer mehr, desto mehr sie die lukrativen fördert und umso weniger, je mehr sie die nicht lukrativen fördert.

Was bedeutet dies nun übertragen auf die Lehre? Inwiefern bietet die Exzellenzinitiative eine Chance zur Verbesserung der Lehre?

In Fächern, die durch die Exzellenzinitiative gestärkt werden, wie beispielsweise die Medizin ist die Exzellenzinitiative eine Option, die dazu beitragen kann, dass sich die Lehre dort verbessert, da ein Faktor für gute Lehre, die finanzielle Ausstattung durch die Exzellenzinitiative immer besser wird.

Jedoch: Betrachtet man universitäre Lehre, wie das Wort vermuten lässt, als ein Ganzes, dass seine Qualität darüber definieren sollte, dass jedes Fach qualitativ gleichwertig mit den anderen Fächern sein sollte, d.h. Dass überall auch gerade auch die Lehr- und Lernbedingungen qualitativ gleichwertig sein sollten, so stellt hierauf die Exzelleninitiative keine Chance. Nehmen die finanziellen Mittel infolge der leistungsorientierten Mittelvergabe und er Exzellenzinitiative in einem Fach zu, so nehmen sie zwangsläufig in einem anderen ab. Die Universität wird gespalten und der Spalt wird immer größer. Desto besser die Lehre in den einen Fächern ist, desto schlechter wird sie in anderen.

Eine Studierendenvertretung wie die Fachschaftenkonferenz, die den Anspruch hat, dass jedes Interesse jedes Faches gleich viel zählen (man schaue sich an, dass jede Fachschaft, unabhängig von Größe des Faches genau eine Stimme hat), sollte es folglich ablehnen, an einem Konzept bzw. in einer Zurufkommission mitzuarbeiten, die Lehre im Rahmen von Exzellenz verbessern will. Denn dies steht dem Interesse der FSK fundamental entgegen.

Überdies:
Lehre lässt sich nur von der untersten Ebene her verbessern. Daher müssen von der Fachebene ausgehend in jedem Fach unter Beteiligung jeder Statusgruppe in einem gemeinsamen Prozess Konzepte erarbeitet werden, die jedem Fach gerecht werden und in jedem Fach eine entsprechende Akzeptanz erfahren.

Eine Zurufkommission des Rektorats stellt das genaue Gegenteil eines solchen Prozesses dar und ist daher, unabhängig von der Exzellenzinitiative per se abzulehnen.