Diskussionsportfolio
1 Diskussionsportfolio
Die Fachschaftskonferenz wird gebeten, folgenden Beschluss zu fassen:
1. Die Gremienmitglieder der FSK setzen sich dafür ein, für Prüfungsordnungen, Modulhandbücher Portfolios zusammenzustellen. Diese "Diskussionsportfolios" dokumentieren Überlegungen und Anträge zu den letztlich beschlossenen Ordnungen und erlauben so eine Beschäftigung mit dem Prozess der Er- bzw. Überarbeitung einer Regelung.
2. Bei anderen Diskussionen soll die FSK jeweils überlegen, ob es sinnvoll ist, eine derartige Zusammenstellung vorzunehmen oder nicht.
3. Die FSK erwägt in Zukunft auch für ihre eigenen Diskussionen die Zusammenstellung derartiger Portfolios.
Begründung:
In Protokollen von Gremiensitzungen werden nur Ergebnisse einer Abstimmung festgehalten, die Argumente und damit die Gründe, die zu bestimmten Regelungen oder Abstimmungsverhalten führen, jedoch nicht (allenfalls in Stichworten). Dies ist einerseits sinnvoll, denn in einem Protokoll will man Ergebnisse festhalten und normalerweise werden im Laufe einer Diskussion tragfähige und idealiter konsensfähige Positionen erarbeitet.
Andererseits wäre es manchmal dennoch wichtig, Bedenken, Anregungen und Zwischenstände von Diskussionen festzuhalten, damit man später die Beweggründe für eine Entscheidung nachvollziehen kann und Prüfungsordnungen dann zum Beispiel angesichts veränderter Rahmenbedingungen auch besser überarbeiten kann, da man auf alte Papiere zurückgreifen kann. Auch ist es manchmal einfach wichtig, zu wissen, was eine bestimmte Regelung eigentlich bezweckte - oder ob darüber gar nicht nachgedacht wurde und sie quasi reingerutscht ist. So wurde in letzter Zeit zweimal auf Nachfrage im SAL, warum ein bestimmter Passus in Prüfungsordnungen steht, gesagt, dass man das selber nicht wisse - vermutlich war es ein Textbaustein aus irgendeiner Vorlage, über den dann niemand mehr groß nachgedacht hatte. Hielte man wichtige Überlegungen für Prüfungsordnungsänderungen fest, würde man rasch erkennen, dass über den besagten Absatz nichts in den Unterlagen steht.
Selbst bei Konsensentscheidungen, sollte man Bedenken und verworfene Ideen dokumentieren. Wenn es zu Abstimmungen und knappen Mehrheiten kommt, erst recht.
Anwendbar wäre das Diskussionsfolio auf für die Erarbeitung von Verfahren oder die Einführung von Strukturen wie z.B. das QM-System der Uni Heidelberg oder die Einführung der Fachräte oder einer VS an der Uni Heidelberg. (In Abgrenzung zu einigen manchen Antragsmanagementsystemen würde man hier unabhängig davon, wer zuständig ist oder ob ein Antrag mehrheitsfähig war, vor allem Wert auf Inhalte legen und nicht primär darauf, ob alle zuständigen Gremien sich möglichst rasch mit Anträgen befassen.)
Bisheriger Umgang mit der Problematik
Persönliche Stellungnahmen/Erklärungen
Die FSK-VertreterInnen versuchen, den Verlust dieser Ideen und Positionen aufzufangen, indem sie persönliche Erklärungen bzw. Stellungnahmen abgeben, die zumindest ins jeweils nächste Gremium weitergegeben werden müssen. Doch bereits im übernächsten fallen sie weg. D.h. eine Stellungnahme aus einem Fachrat, kommt nicht einmal im Fakultätsrat an, da sie bereits in der Studienkommission wegfällt. Will man die Überlegungen weitergeben, müssen sie von Studienkommissionsmitgliedern nochmals eingereicht werden.
Dies erzeugt - neben einem hypertrophen Stellungsnahmenurwald - ein grundlegendes Problem: bisher sind die Studierenden die einzige Statusgruppe, die ihre Argumente in persönlichen Erklärungen festhält. Dadurch wirkt dies in den Gremien immer sehr konfrontativ, oder sogar aggressiv: Wer eine andere Position vertritt (die dann noch dazu gerne als "persönliche Meinung" abgewertet wird), steigt aus dem Konsens des Gremiums aus, stellt sich damit in der Wahrnehmung der meisten anderen Mitglieder gegen das gemeinsam Erarbeitete. Es ist aber wünschenswert, dass alle Gremienmitglieder des folgenden Gremiums wissen, wie die Mitglieder - aus allen Statusgruppen - die Angelegenheit einschätzen. In einem Diskussionsfolio würde man nur jeweils neue Äußerungen hinzufügen und ansonsten das Diskussionsfolio einfach fortlaufend - zum Beispiel elektronisch - führen.
Auch wenn man zustimmt oder Bedenken ausgeräumt werden, sollte man Bedenken oder Anregungen weitergeben, die vielleicht auf einer anderen Ebene aufgegriffen werden können. Dies würde den Aspekt der Kollegialität betonen, der zwischen Gremien herrschen sollte. Dies wäre auch wichtig, da in der Regel an der Universität Heidelberg immer beratende Gremien vor entscheidende Gremien stehen, jedoch von den beratenden Gremien bisher nicht die Argumente, sondern nur die Abstimmungergebnisse an die entscheidende Ebene weitergegeben werden. Das heißt, eine Beratung findet momentan nicht statt, sondern wird auf eine Abstimmung reduziert, was solche beratenden Gremien ad absurdum führt. Im Extremfall kann auch keine Beratung stattfinden, da die Sitzung viel zu kurz ist, um über alle Tagesordnungspunkte zu reden.
In den FSK-Antragsformularen wird inzwischen auf bisherige oder verwandte Anträge zur Thematik und grundlegende Diskussionen (sofern im Rundbrief festgehalten) verwiesen.
Was kommt in ein Diskussionsfolio?
Ein Diskussionsportfolio ist sozusagen eine Anamnese eines Antrags/Beschlusses/einer PO etc. Es umfasst zum Beispiel:
- eine Kritzelei auf einem Aushang, die das Thema auf den Punkt bringt
- ein Auszug aus einem Protokoll
- Persönliche Erklärungen
- eine kommentierte Fassung eines miserablen Erstentwurfs, damit man auch mal sieht, aus welchen Anfängen man immer noch etwas Gutes erarbeiten kann und welche Umwege man nicht nochmal gehen muss.
- Überlegenswert wäre beispielsweise auch, Sonderregelungen bzw. Auslegungen zu bestimmten Passus einer PO zu sammeln, insbesondere in Prüfungsausschüssen; was hier praktiziert wird, kann als Grundlage genutzt werden für die Weiterentwicklung einer Prüfungsordnung
Exkurs: Wer hat´s erfunden?
Die Idee stammt aus der Schweiz. Dort gibt es zu Gesetzen eine "Botschaft eines Gesetzes", die die inhaltliche Entstehung eines Gesetzes dokumentiert und bei der Auslegung und Anwendung dieses Gesetzes auch berücksichtigt wird.
"Die Botschaft des Bundesrates ist in der Schweiz ein Bericht des Bundesrates, in welchem er seinen Vorschlag für einen parlamentarischen Erlass oder Entscheid[1] erläutert. Sie wird zu Händen der Bundesversammlung verfasst. Rechtsgrundlage bildet Art. 141 Parlamentsgesetz. Ziel der Botschaften des Bundesrates ist es, das Parlament über die Vorschläge, die damit angestrebten Ziele und die zugrunde liegenden Probleme zu informieren sowie das Parlament von der bundesrätlichen Lösung zu überzeugen. Die Botschaften des Bundesrates werden im Bundesblatt veröffentlicht. Sie dienen der Rechtsprechung und juristischen Lehre regelmässig als Auslegungshilfe der entsprechenden Erlasse." (Quelle: Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Botschaft_des_Bundesrates)
1.1 Info:
Die Verfahrensordnung der Uni schreibt zu Persönlichen Erklärungen / Persönlichen Stellungnahmen:
§ 10 Persönliche Erklärung / Persönliche Stellungnahme
Der Vorsitzende erteilt nach Abschluss eines Tagesordnungspunktes das Wort für persönliche Erklärungen. Hierbei darf die Zeit von drei Minuten nicht überschritten werden. Die Erklärung ist dem Protokollführer schriftlich zu übergeben und dem Protokoll anzufügen. Die persönliche Erklärung kann, gegebenenfalls in ergänzender Fassung, möglichst zeitnah zur entsprechenden Sitzung als persönliche Stellungnahme schriftlich eingereicht werden. Diese wird den Mitgliedern des Gremiums gemeinsam mit dem Sitzungsprotokoll zugesandt.