Modularisierung: Unterschied zwischen den Versionen
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== Entwurf einer FSK-Positionierung zur Modularisierung<br> == | == Entwurf einer FSK-Positionierung zur Modularisierung<br> == | ||
− | + | <br>Im Zuge des sogenannten Bolognaprozesses wurden die Magister-, Diplom und Lehramts- und Staatsexamens-Studiengänge modularisiert und der Arbeitsaufwand nicht mehr in Semesterwochenstunden (SWS), sondern im Rahmen des European credit transfer systems (ECTS) in sogenannten "Leistungspunkten" (LP) bemessen (bzw. auf Englisch in sogenannten credit points, CP). Die im Deutschen gängige Verwendung des Terminus „Leistungspunkte“ ist hierbei insofern verwirrend, als es nicht um Bemessung einer Leistung (z.B. in Form einer Notenbeurteilung) geht. Vielmehr wird im Rahmen des ECTS die gesamte aufgewandte Arbeitszeit berücksichtigt. Bei der SWS-Zählung wurde lediglich der zeitliche Aufwand für die Präsenz in der Veranstaltung gemessen, die sogenannt Kontaktzeit; Zeiten für die Vor- und Nachbereitung von Veranstaltungen wurden nicht berücksichtigt. Eine Vorlesung, in der man zu Vorlesungsende eine kleine Klausur schreibt, galt als genauso aufwendig wie beispielsweise ein vor- und nachbereitungsintensives Hauptseminar, in dem man zudem in der Vorlesungsfreien Zeit lange an einer Hausarbeit schrieb. LP wie sie im Rahmen des ECTS konzipiert sind, berücksichtigen auch die Vor- und Nachbereitungszeit und nicht nur die Kontaktzeit.<br> | |
Die Kultusministerkonferenz (KMK) definiert Leistungspunkte folgendermaßen: „In der Regel werden pro Studienjahr 60 Leistungspunkte vergeben, d.h. 30 pro Semester. Dabei wird für einen Leistungspunkt eine Arbeitsbelastung (work load) des Studierenden im Präsenz- und Selbststudium von 25 – max. 30 Stunden angenommen,[...]“ Bei einem dreijährigen Bachelor ergibt dies eine Gesamtzahl von 180 LP, kommt ein zweijähriger Master dazu, ergibt dies insgesamt 300 LP. Die Tatsache, dass in Modulen nicht jede einzelne Veranstaltung geprüft werden muss und Leistungspunkte nicht nur für Lehrveranstaltungen vergeben werden können, sondern auch gerade für „Selbststudium“ und den gesamten Arbeitsaufwand der Lehrveranstaltungen und des Studiums (Selbststudium, Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen, Projektarbeit etc.) berücksichtigen sollen und nicht die bloße Anzahl an SWS, ist aus studentischer Sicht zu begrüßen. Die Berechnung der LP stellt somit auch eine Art studentische Arbeitsschutzbestimmung dar, da eine Obergrenze des erwarteten Arbeitsaufwandes fürs Studium definiert wird.<br> | Die Kultusministerkonferenz (KMK) definiert Leistungspunkte folgendermaßen: „In der Regel werden pro Studienjahr 60 Leistungspunkte vergeben, d.h. 30 pro Semester. Dabei wird für einen Leistungspunkt eine Arbeitsbelastung (work load) des Studierenden im Präsenz- und Selbststudium von 25 – max. 30 Stunden angenommen,[...]“ Bei einem dreijährigen Bachelor ergibt dies eine Gesamtzahl von 180 LP, kommt ein zweijähriger Master dazu, ergibt dies insgesamt 300 LP. Die Tatsache, dass in Modulen nicht jede einzelne Veranstaltung geprüft werden muss und Leistungspunkte nicht nur für Lehrveranstaltungen vergeben werden können, sondern auch gerade für „Selbststudium“ und den gesamten Arbeitsaufwand der Lehrveranstaltungen und des Studiums (Selbststudium, Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen, Projektarbeit etc.) berücksichtigen sollen und nicht die bloße Anzahl an SWS, ist aus studentischer Sicht zu begrüßen. Die Berechnung der LP stellt somit auch eine Art studentische Arbeitsschutzbestimmung dar, da eine Obergrenze des erwarteten Arbeitsaufwandes fürs Studium definiert wird.<br> | ||
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+ | Wieso jedoch ist das Ergebnis der Modularisierung, die eine möglichst geringe Prüfungslast vorsieht, dass vielerorts in Heidelberg Studiengänge nur so vor Prüfungen strotzen und als verschult wahr genommen werden? Da der Grund, wie dargelegt, nicht in den Vorgaben zu suchen ist, ist dies auf die Umsetzung in Heidelberg vor Ort zurückzuführen. War die Modularisierung als eine Studienreform gedacht, die die Art und Weise, wie gelehrt, gelernt und geprüft wird, reformieren soll, sollte daher einhergehend mit einer Reform der Studienstruktur, also dem Aufbau des Studiums geändert werden. Das Ergebnis war jedoch lediglich eine Studienstrukturreform, in die Berechnung der Examensnote fließen nun, anstatt wie bisher lediglich die Abschlussprüfung, künftig auch Noten aus den Veranstaltungen ein. Die Lehr- und Lernarrangements wurden nicht verändert, sondern lediglich in Module überführt, in denen formal und nicht inhaltlich Veranstaltungen zusammengefasst sind. So gibt es Prüfungsordnungen, in denen die einzige Gemeinsamkeit von Teilen des Moduls der bloße Veranstaltungstyp ist.<br> | ||
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+ | Es gibt noch ein weiteres Problem: Die KMK vereinbart zu den Lehr- und Lernformen in Modulen Folgendes: „Im Modul sind die einzelnen Lehr- und Lernformen zu beschreiben (Vorlesungen, Übungen, Seminare, Praktika, Projektarbeit, Selbststudium). Grundsätzlich sollen unterschiedliche Lehrveranstaltungen zum Erreichen eines Qualifikationszieles beitragen. Welche Veranstaltungen dies im konkreten Fall sind, ist jedoch eine nachrangige Frage.“ Anstatt nun das Selbststudium und neue Lehr- und Lernformen in den Prüfungsordnungen zu berücksichtigen (bzw. sie nicht vorzuschreiben) bzw. es den Studierenden zu einem sehr großen Teil selbst zu überlassen, ob sie in ein Seminar gehen oder selbstständig lernen wollen, wird nun jeder einzelne Punkt an eine Lehrveranstaltung gekoppelt. <br>(Ein Grund für die oft geringe Anzahl an Pflichtveranstaltungen in den alten Studiengängen war, den Studierenden einen Freiraum für eigene Studiengestaltung zu lassen, der jedoch nicht bei der Erbringung von Leistungen seitens der Dozierenden berücksichtigt werden musste.)<br>War es im Zuge der Diskussion um Studienreform im Bologna-Prozess gerade auch intendiert, aufzuzeigen, was die Studierenden außerhalb der bloßen Präsenzzeit zu leisten haben, wurde nun die Präsenzzeit oft erhöht oder in den Mittelpunkt gestellt, weil das Veranstaltungskontingent massiv anwuchs und oft mit einer – vorgeblich notwendigen – Anwesenheitspflicht belegt. Weil einzelne Lehrveranstaltungen der jeweiligen Module miteinander inhaltlich oftmals kaum etwas zu tun haben, werden Modulprüfungen so gut wie unmöglich. Nach einer derartigen Studienstrukturreform, ohne die Lehre in ihren Methoden und Inhalten zu reformieren, muss jede Veranstaltung einzeln geprüft werden, was bei dem nun größeren Pensum an Pflichtveranstaltungen die erhöhte Prüfungslast erklärt - die sich sowohl auf Seiten der Studierenden wie auch der Lehrenden niederschlägt..<br>Ein bedeutender Faktor dafür, dass lediglich eine Studienstrukturreform durchgeführt wurde, lag auch daran, dass es nicht gelang, von der Fach- bis Universitätsebene alle Statusgruppen angemessen zu beteiligen, obwohl im Prager Kommuniqe (Fußnote 2) gefordert wird, dass alle Betroffenen als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe beteiligt werden. <br>Die konkrete Frage stellt sich nun, wie eine Modularisierung besser durchführbar wäre. | ||
<br>'''II. Künftige Modularisierung als Studienreform im Zeichen von Forschendem Lernen und Lernendem Lehren''' | <br>'''II. Künftige Modularisierung als Studienreform im Zeichen von Forschendem Lernen und Lernendem Lehren''' | ||
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'''II.I. Die Möglichkeit eigenständiger Lehr-/Lernformen'''<br>Nach den Rahmenvorgaben der KMK sollen unterschiedliche Lehr-Lernformen zum Erreichen eines Qualifikationsziels beitragen. „Welche Veranstaltungen dies im konkreten Fall sind, ist jedoch eine nachrangige Frage.“ Im Zusammenspiel mit einer Modulprüfung und dem Leistungspunktesystem für ein ganzes Modul ergibt sich daher, dass in einer einzigen Prüfung auch Leistungen anerkannt werden können, die gerade nicht in einer einzigen Lehrveranstaltung erbracht wurden. Den jeweiligen Fächern der betreffenden Studiengänge ist es also zunächst selbst überlassen, wie sie das Studium der Studierenden organisieren bzw. die Studierenden es sich selbst organisieren lassen, um die benötigten Leistungspunkte zu erbringen bzw. Kompetenzen anzueignen. Der Besuch einer weiteren Lehrveranstaltung zu einem bestimmten Thema, das die Studierenden interessiert, ist genauso möglich wie Projektarbeit in Arbeitsgruppen oder Selbststudium, die nicht zwingend unter Anleitung, aber unter Beteiligung von Dozierenden stattfinden. <br>Ging es früher um die Frage, was die Dozierenden die Studierenden in ihren Lehrveranstaltungen lehren und wie sie das abprüfen, und waren sie in der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Lehrveranstaltung unabhängig von anderen Lehrveranstaltungen, so verhält es sich nun anders: Es zählt gemäß der KMK, was die Studierenden lernen und nicht, welche Veranstaltung welcher Lehr-/Lernform sie dafür belegt haben. Es geht nicht darum, die Ziele einer Lehrveranstaltung an feste Inhalte und Veranstaltungen gebunden zu definieren und diese am Ende des Semesters als eine Art Wissenspensum abprüfen. Es geht darum, inwiefern es ein Angebot an verschiedenen, inhaltlich aufeinander bezogenen Lehr- und Lernarrangements gibt, in dessen Rahmen die Erarbeitung bestimmter definierter Kompetenzen (Modulhandbücher sind nämlich keine Lehrpläne, sondern definieren die Erarbeitung von Kompetenzen) ermöglicht wird. Im Rahmen der Modularisierung ist es also möglich, dass auch Lehr- und Lernformen berücksichtigt werden, die keine Lehrveranstaltung unter Anleitung eines Dozierenden sind. | '''II.I. Die Möglichkeit eigenständiger Lehr-/Lernformen'''<br>Nach den Rahmenvorgaben der KMK sollen unterschiedliche Lehr-Lernformen zum Erreichen eines Qualifikationsziels beitragen. „Welche Veranstaltungen dies im konkreten Fall sind, ist jedoch eine nachrangige Frage.“ Im Zusammenspiel mit einer Modulprüfung und dem Leistungspunktesystem für ein ganzes Modul ergibt sich daher, dass in einer einzigen Prüfung auch Leistungen anerkannt werden können, die gerade nicht in einer einzigen Lehrveranstaltung erbracht wurden. Den jeweiligen Fächern der betreffenden Studiengänge ist es also zunächst selbst überlassen, wie sie das Studium der Studierenden organisieren bzw. die Studierenden es sich selbst organisieren lassen, um die benötigten Leistungspunkte zu erbringen bzw. Kompetenzen anzueignen. Der Besuch einer weiteren Lehrveranstaltung zu einem bestimmten Thema, das die Studierenden interessiert, ist genauso möglich wie Projektarbeit in Arbeitsgruppen oder Selbststudium, die nicht zwingend unter Anleitung, aber unter Beteiligung von Dozierenden stattfinden. <br>Ging es früher um die Frage, was die Dozierenden die Studierenden in ihren Lehrveranstaltungen lehren und wie sie das abprüfen, und waren sie in der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Lehrveranstaltung unabhängig von anderen Lehrveranstaltungen, so verhält es sich nun anders: Es zählt gemäß der KMK, was die Studierenden lernen und nicht, welche Veranstaltung welcher Lehr-/Lernform sie dafür belegt haben. Es geht nicht darum, die Ziele einer Lehrveranstaltung an feste Inhalte und Veranstaltungen gebunden zu definieren und diese am Ende des Semesters als eine Art Wissenspensum abprüfen. Es geht darum, inwiefern es ein Angebot an verschiedenen, inhaltlich aufeinander bezogenen Lehr- und Lernarrangements gibt, in dessen Rahmen die Erarbeitung bestimmter definierter Kompetenzen (Modulhandbücher sind nämlich keine Lehrpläne, sondern definieren die Erarbeitung von Kompetenzen) ermöglicht wird. Im Rahmen der Modularisierung ist es also möglich, dass auch Lehr- und Lernformen berücksichtigt werden, die keine Lehrveranstaltung unter Anleitung eines Dozierenden sind. | ||
− | '''II. | + | '''II.II. Modulprüfungen im Zusammenhang mit Kompetenzorientierung '''<br>Neue Lehr- und Lernformen stehen einer Abprüfbarkeit nicht im Wege, wenn entsprechende, zum Teil neue, Prüfungsformen etabliert werden. Hierbei darf man Prüfung nicht automatisch als eine punktuelle Prüfung verstehen, die in Form einer Klausur oder einer mündlichen Prüfung seitens der Lehrenden organisiert wird. So lassen sich auch hier, wie schon gezeigt wurde, die KMK-Vorgaben alle Freiheiten: So können für selbstständige Lehr-/Lernarrangements der Studierenden, in denen Dozierenden nur noch als AnsprechpartnerInnen bspw. für (fachwissenschaftliche) Probleme agieren, Prüfungsformen wie Hausarbeiten, Lerntagebücher, Vorträge und viel mehr eingesetzt werden, um den Studierenden auch weiterhin in angemessener Form eine Rückmeldung zu geben.<br>Dass Veranstaltungen nun blockweise als Modul geprüft werden in einer einzigen Prüfung und nicht mehr als einzelne wie bisher, bestätigt dies: Waren die Veranstaltungen, insbesondere die Vorlesungen, früher so konzipiert, dass die Dozierenden gegen Ende gezielt überprüfen konnten, ob sie sich das seitens der Dozierenden vermittelte Detailwissen oder Grundwissen angeeignet haben oder nicht, so zielen Modulprüfungen gerade nicht darauf ab: Dies hat mehrere Gründe. Ein umfassenden fachliches, wie überfachliches Grundwissen kann nur seitens der Studierenden selbstständig in einem kontinuierlichen Prozess erworben werden. Dies gilt umso mehr, als dass es gilt, den bisherigen Wissensstand kritisch in Frage zu stellen und es nicht für bare Münze zu nehmen. In klassischen Lehrformen wie Vorlesungen geht es also auch nicht darum, den Leuten das Grundwissen bis ins letzte Detail zu vermitteln, sondern das jeweilige Gebiet zu umreißen, sodass die Leute sich nach der Vorlesung selbst ein Grundwissen in dem jeweiligen Gebiet erarbeiten können, falls dies vorher nicht der Fall war. |
− | '''II. | + | '''II.III Kompetenzen basieren auf Wissen '''<br>Bloße Wissensvermittlung kann nicht das alleinige Ziel von Lehren und Lernen an den Hochschulen sein. Es geht vielmehr auch um Kompetenzen. In diesem Zusammenhang wird meist die Kompetenzdefinition von Weinert zitiert: „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Fußnote 3) Kompetenz ist demnach eine Disposition, die Personen befähigt, unterschiedliche Situationen individuell zu bewältigen. In diesem Sinne setzt Kompetenz Wissen voraus, ist mit diesem aber nicht gleichzusetzen. Kompetenz zeigt sich im Vollzug, also im Nachhinein und ist ein Prozess und kann nicht punktuell nachgewiesen werden.<br>Nach Weinert muss die Entwicklung von Kompetenzen mit einer Studierendenzentrierung einher gehen muss, damit die Studierenden die verschiedenen Kompetenzen in ihrer Fachwissenschaft und die Übergreifenden Kompetenzen überhaupt entwickeln können. |
Auch die KMK-Vorgaben sehen vor, dass Folgendes für die Studiengängen und die Module geklärt werden muss: „Welche fachlichen, methodischen, fachpraktischen und fächerübergreifenden Inhalte sollen vermittelt werden, welche Lernziele sollen erreicht werden? Welche Kompetenzen (fachbezogene, methodische, fachübergreifende Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen) sollen erworben werden?“ Die Studierenden sollen also ausgehend von konkreten Inhalten Kompetenzen und Fähigkeiten entwickeln, die über das bloße Verfügen von Wissen hinausgehen. | Auch die KMK-Vorgaben sehen vor, dass Folgendes für die Studiengängen und die Module geklärt werden muss: „Welche fachlichen, methodischen, fachpraktischen und fächerübergreifenden Inhalte sollen vermittelt werden, welche Lernziele sollen erreicht werden? Welche Kompetenzen (fachbezogene, methodische, fachübergreifende Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen) sollen erworben werden?“ Die Studierenden sollen also ausgehend von konkreten Inhalten Kompetenzen und Fähigkeiten entwickeln, die über das bloße Verfügen von Wissen hinausgehen. | ||
− | '''II. | + | '''II.IV Forschendes Lernen - Lernendes Lehren'''<br>Studierende sollten nicht nur seitens der Lehrenden gezielt an bestehende Forschungsgebiete herangeführt werden. Sie sollen ebenfalls die Möglichkeit haben, bereits während ihres Studiums eigene Forschungsfragen zu entwickeln, Forschungsgebiete zu erschließen und im Studium forschend zu Lernen. Lehr- und Lernarrangements bringen es mit sich, dass Dozierende nicht mehr hierarchisch und alleine über Lehre bestimmen, sondern eine Rolle als ModeratorInnen, UnterstützerInnen, Ansprechperson für Studierenden einnehmen, wie es bspw. in den vielen Arbeitsgruppen der Heidelberger Naturwissenschaften bereits der Fall ist. Ebenfalls sind die Rollen zwischen Lernenden und Lehrenden nicht mehr in einer festen Konstellation zu sehen, sondern die Rollen von „Lehrenden“ und „Lernenden“ wechseln und überschneiden sich: Forschendes Lernen und Lernendes Lehren. Klassische Lehre spielt hier nach wie vor eine große Rolle, sollte sich aber nun in einem Konzept mit anderen Lehr- und Lernformen zu thematisch und inhaltlichen abgestimmten Lehr- und Lernarrangements ergänzen. |
− | '''II. | + | '''II.V Studierende als gleichberechtigte PartnerInnen bei der Konzeption und Ausgestaltung ihres Studiums'''<br>Damit jedoch in den Studiengängen ein solches Lehr- und Lernangebot im Zuge der Revision oder Neufassung von modularisierten Studiengängen entwickelt werden kann, müssen künftig die Studierenden als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe beteiligt werden. Bei der Konzeption eines Studienganges ist die Mitarbeit und Einbindung der Studierenden zur gemeinsamen Bearbeitung nicht ein Aspekt, den es zu beachten gilt, sondern die Basis. Voraussetzungen für einen solchen Prozess, an dem alle Statusgruppen auf Augenhöhe beteiligt werden, sind in Heidelberg: Fachräte, Studienkommissionen, Fakultätsräte, SAL, Senat. Modularisierung bietet nun vielfältige Möglichkeiten, forschendes Lernen zu ermöglichen. Inwieweit dies gelingt und wo weitere Veränderungen geboten sind, wird kontinuierlich in den Gremien evaluiert und weiterentwickelt. <br> |
− | Ombudsperson<br>Zitat aus dem Prager Kommunique einbauen zum Abschluss | + | <u>'''Ombudsperson<br>Zitat aus dem Prager Kommunique einbauen zum Abschluss'''</u> |
− | <br>'''Vorgehen für die Weiterentwicklung der bisherigen Modularisierung: <br>''' | + | <br>'''III. Vorgehen für die Weiterentwicklung der bisherigen Modularisierung: <br>'''Vor dem Hintergrund der eben ausgeführten Überlegungen fordern wir, dass künftig bei modularisierten Studiengängen im Rahmen einse Lehr- und Lernkonzeptes für Forschendes Lernen und Lernendes Lehren eine qualtitative Gestaltung des Studiums angestrebt wird.<br>Prüfungsordnungen und Modulhandbücher bilden hierfür den technischen Rahmen. An die Modularisierung legen wir folgende Kriterien an: |
1.Die Studierenden werden durch die neue Heidelberger Gremienstruktur als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe von Anfang an an der Gestaltung des Studiums beteiligt. Darüberhinaus wirkt die Uni Heidelberg aktiv darauf hin, dass die gesetzlichen Möglichkeiten der Mitbestimmung der nicht-professoralen Statusgruppen hin. | 1.Die Studierenden werden durch die neue Heidelberger Gremienstruktur als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe von Anfang an an der Gestaltung des Studiums beteiligt. Darüberhinaus wirkt die Uni Heidelberg aktiv darauf hin, dass die gesetzlichen Möglichkeiten der Mitbestimmung der nicht-professoralen Statusgruppen hin. |
Aktuelle Version vom 1. November 2012, 13:36 Uhr
Inhaltsverzeichnis
1 ist inzwischen beschlossen:
1.1 Entwurf einer FSK-Positionierung zur Modularisierung
Im Zuge des sogenannten Bolognaprozesses wurden die Magister-, Diplom und Lehramts- und Staatsexamens-Studiengänge modularisiert und der Arbeitsaufwand nicht mehr in Semesterwochenstunden (SWS), sondern im Rahmen des European credit transfer systems (ECTS) in sogenannten "Leistungspunkten" (LP) bemessen (bzw. auf Englisch in sogenannten credit points, CP). Die im Deutschen gängige Verwendung des Terminus „Leistungspunkte“ ist hierbei insofern verwirrend, als es nicht um Bemessung einer Leistung (z.B. in Form einer Notenbeurteilung) geht. Vielmehr wird im Rahmen des ECTS die gesamte aufgewandte Arbeitszeit berücksichtigt. Bei der SWS-Zählung wurde lediglich der zeitliche Aufwand für die Präsenz in der Veranstaltung gemessen, die sogenannt Kontaktzeit; Zeiten für die Vor- und Nachbereitung von Veranstaltungen wurden nicht berücksichtigt. Eine Vorlesung, in der man zu Vorlesungsende eine kleine Klausur schreibt, galt als genauso aufwendig wie beispielsweise ein vor- und nachbereitungsintensives Hauptseminar, in dem man zudem in der Vorlesungsfreien Zeit lange an einer Hausarbeit schrieb. LP wie sie im Rahmen des ECTS konzipiert sind, berücksichtigen auch die Vor- und Nachbereitungszeit und nicht nur die Kontaktzeit.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) definiert Leistungspunkte folgendermaßen: „In der Regel werden pro Studienjahr 60 Leistungspunkte vergeben, d.h. 30 pro Semester. Dabei wird für einen Leistungspunkt eine Arbeitsbelastung (work load) des Studierenden im Präsenz- und Selbststudium von 25 – max. 30 Stunden angenommen,[...]“ Bei einem dreijährigen Bachelor ergibt dies eine Gesamtzahl von 180 LP, kommt ein zweijähriger Master dazu, ergibt dies insgesamt 300 LP. Die Tatsache, dass in Modulen nicht jede einzelne Veranstaltung geprüft werden muss und Leistungspunkte nicht nur für Lehrveranstaltungen vergeben werden können, sondern auch gerade für „Selbststudium“ und den gesamten Arbeitsaufwand der Lehrveranstaltungen und des Studiums (Selbststudium, Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen, Projektarbeit etc.) berücksichtigen sollen und nicht die bloße Anzahl an SWS, ist aus studentischer Sicht zu begrüßen. Die Berechnung der LP stellt somit auch eine Art studentische Arbeitsschutzbestimmung dar, da eine Obergrenze des erwarteten Arbeitsaufwandes fürs Studium definiert wird.
Modul meint dabei nach einem in der KMK vereinbarten Konsens Folgendes: „In Modulen werden thematisch und zeitlich abgerundete, in sich geschlossene und mit Leistungspunkten belegte Studieneinheiten zusammengefasst. Sie können sich aus verschiedenen Lehr- und Lernformen zusammensetzen (z. B. Vorlesungen, Übungen, Praktika, e-learning, Lehrforschung etc.). […] Zur Reduzierung der Prüfungsbelastung werden Module in der Regel nur mit einer Prüfung abgeschlossen, deren Ergebnis in das Abschlusszeugnis eingeht. Die Prüfungsinhalte eines Moduls sollen sich an den für das Modul definierten Lernergebnissen orientieren. Der Prüfungsumfang ist dafür auf das notwendige Maß zu beschränken.“ (Fußnote 1)
I: Status quo in Heidelberg: Studienstrukturreform statt inhaltlicher Studienreform
Wieso jedoch ist das Ergebnis der Modularisierung, die eine möglichst geringe Prüfungslast vorsieht, dass vielerorts in Heidelberg Studiengänge nur so vor Prüfungen strotzen und als verschult wahr genommen werden? Da der Grund, wie dargelegt, nicht in den Vorgaben zu suchen ist, ist dies auf die Umsetzung in Heidelberg vor Ort zurückzuführen. War die Modularisierung als eine Studienreform gedacht, die die Art und Weise, wie gelehrt, gelernt und geprüft wird, reformieren soll, sollte daher einhergehend mit einer Reform der Studienstruktur, also dem Aufbau des Studiums geändert werden. Das Ergebnis war jedoch lediglich eine Studienstrukturreform, in die Berechnung der Examensnote fließen nun, anstatt wie bisher lediglich die Abschlussprüfung, künftig auch Noten aus den Veranstaltungen ein. Die Lehr- und Lernarrangements wurden nicht verändert, sondern lediglich in Module überführt, in denen formal und nicht inhaltlich Veranstaltungen zusammengefasst sind. So gibt es Prüfungsordnungen, in denen die einzige Gemeinsamkeit von Teilen des Moduls der bloße Veranstaltungstyp ist.
Es gibt noch ein weiteres Problem: Die KMK vereinbart zu den Lehr- und Lernformen in Modulen Folgendes: „Im Modul sind die einzelnen Lehr- und Lernformen zu beschreiben (Vorlesungen, Übungen, Seminare, Praktika, Projektarbeit, Selbststudium). Grundsätzlich sollen unterschiedliche Lehrveranstaltungen zum Erreichen eines Qualifikationszieles beitragen. Welche Veranstaltungen dies im konkreten Fall sind, ist jedoch eine nachrangige Frage.“ Anstatt nun das Selbststudium und neue Lehr- und Lernformen in den Prüfungsordnungen zu berücksichtigen (bzw. sie nicht vorzuschreiben) bzw. es den Studierenden zu einem sehr großen Teil selbst zu überlassen, ob sie in ein Seminar gehen oder selbstständig lernen wollen, wird nun jeder einzelne Punkt an eine Lehrveranstaltung gekoppelt.
(Ein Grund für die oft geringe Anzahl an Pflichtveranstaltungen in den alten Studiengängen war, den Studierenden einen Freiraum für eigene Studiengestaltung zu lassen, der jedoch nicht bei der Erbringung von Leistungen seitens der Dozierenden berücksichtigt werden musste.)
War es im Zuge der Diskussion um Studienreform im Bologna-Prozess gerade auch intendiert, aufzuzeigen, was die Studierenden außerhalb der bloßen Präsenzzeit zu leisten haben, wurde nun die Präsenzzeit oft erhöht oder in den Mittelpunkt gestellt, weil das Veranstaltungskontingent massiv anwuchs und oft mit einer – vorgeblich notwendigen – Anwesenheitspflicht belegt. Weil einzelne Lehrveranstaltungen der jeweiligen Module miteinander inhaltlich oftmals kaum etwas zu tun haben, werden Modulprüfungen so gut wie unmöglich. Nach einer derartigen Studienstrukturreform, ohne die Lehre in ihren Methoden und Inhalten zu reformieren, muss jede Veranstaltung einzeln geprüft werden, was bei dem nun größeren Pensum an Pflichtveranstaltungen die erhöhte Prüfungslast erklärt - die sich sowohl auf Seiten der Studierenden wie auch der Lehrenden niederschlägt..
Ein bedeutender Faktor dafür, dass lediglich eine Studienstrukturreform durchgeführt wurde, lag auch daran, dass es nicht gelang, von der Fach- bis Universitätsebene alle Statusgruppen angemessen zu beteiligen, obwohl im Prager Kommuniqe (Fußnote 2) gefordert wird, dass alle Betroffenen als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe beteiligt werden.
Die konkrete Frage stellt sich nun, wie eine Modularisierung besser durchführbar wäre.
II. Künftige Modularisierung als Studienreform im Zeichen von Forschendem Lernen und Lernendem Lehren
II.I. Die Möglichkeit eigenständiger Lehr-/Lernformen
Nach den Rahmenvorgaben der KMK sollen unterschiedliche Lehr-Lernformen zum Erreichen eines Qualifikationsziels beitragen. „Welche Veranstaltungen dies im konkreten Fall sind, ist jedoch eine nachrangige Frage.“ Im Zusammenspiel mit einer Modulprüfung und dem Leistungspunktesystem für ein ganzes Modul ergibt sich daher, dass in einer einzigen Prüfung auch Leistungen anerkannt werden können, die gerade nicht in einer einzigen Lehrveranstaltung erbracht wurden. Den jeweiligen Fächern der betreffenden Studiengänge ist es also zunächst selbst überlassen, wie sie das Studium der Studierenden organisieren bzw. die Studierenden es sich selbst organisieren lassen, um die benötigten Leistungspunkte zu erbringen bzw. Kompetenzen anzueignen. Der Besuch einer weiteren Lehrveranstaltung zu einem bestimmten Thema, das die Studierenden interessiert, ist genauso möglich wie Projektarbeit in Arbeitsgruppen oder Selbststudium, die nicht zwingend unter Anleitung, aber unter Beteiligung von Dozierenden stattfinden.
Ging es früher um die Frage, was die Dozierenden die Studierenden in ihren Lehrveranstaltungen lehren und wie sie das abprüfen, und waren sie in der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Lehrveranstaltung unabhängig von anderen Lehrveranstaltungen, so verhält es sich nun anders: Es zählt gemäß der KMK, was die Studierenden lernen und nicht, welche Veranstaltung welcher Lehr-/Lernform sie dafür belegt haben. Es geht nicht darum, die Ziele einer Lehrveranstaltung an feste Inhalte und Veranstaltungen gebunden zu definieren und diese am Ende des Semesters als eine Art Wissenspensum abprüfen. Es geht darum, inwiefern es ein Angebot an verschiedenen, inhaltlich aufeinander bezogenen Lehr- und Lernarrangements gibt, in dessen Rahmen die Erarbeitung bestimmter definierter Kompetenzen (Modulhandbücher sind nämlich keine Lehrpläne, sondern definieren die Erarbeitung von Kompetenzen) ermöglicht wird. Im Rahmen der Modularisierung ist es also möglich, dass auch Lehr- und Lernformen berücksichtigt werden, die keine Lehrveranstaltung unter Anleitung eines Dozierenden sind.
II.II. Modulprüfungen im Zusammenhang mit Kompetenzorientierung
Neue Lehr- und Lernformen stehen einer Abprüfbarkeit nicht im Wege, wenn entsprechende, zum Teil neue, Prüfungsformen etabliert werden. Hierbei darf man Prüfung nicht automatisch als eine punktuelle Prüfung verstehen, die in Form einer Klausur oder einer mündlichen Prüfung seitens der Lehrenden organisiert wird. So lassen sich auch hier, wie schon gezeigt wurde, die KMK-Vorgaben alle Freiheiten: So können für selbstständige Lehr-/Lernarrangements der Studierenden, in denen Dozierenden nur noch als AnsprechpartnerInnen bspw. für (fachwissenschaftliche) Probleme agieren, Prüfungsformen wie Hausarbeiten, Lerntagebücher, Vorträge und viel mehr eingesetzt werden, um den Studierenden auch weiterhin in angemessener Form eine Rückmeldung zu geben.
Dass Veranstaltungen nun blockweise als Modul geprüft werden in einer einzigen Prüfung und nicht mehr als einzelne wie bisher, bestätigt dies: Waren die Veranstaltungen, insbesondere die Vorlesungen, früher so konzipiert, dass die Dozierenden gegen Ende gezielt überprüfen konnten, ob sie sich das seitens der Dozierenden vermittelte Detailwissen oder Grundwissen angeeignet haben oder nicht, so zielen Modulprüfungen gerade nicht darauf ab: Dies hat mehrere Gründe. Ein umfassenden fachliches, wie überfachliches Grundwissen kann nur seitens der Studierenden selbstständig in einem kontinuierlichen Prozess erworben werden. Dies gilt umso mehr, als dass es gilt, den bisherigen Wissensstand kritisch in Frage zu stellen und es nicht für bare Münze zu nehmen. In klassischen Lehrformen wie Vorlesungen geht es also auch nicht darum, den Leuten das Grundwissen bis ins letzte Detail zu vermitteln, sondern das jeweilige Gebiet zu umreißen, sodass die Leute sich nach der Vorlesung selbst ein Grundwissen in dem jeweiligen Gebiet erarbeiten können, falls dies vorher nicht der Fall war.
II.III Kompetenzen basieren auf Wissen
Bloße Wissensvermittlung kann nicht das alleinige Ziel von Lehren und Lernen an den Hochschulen sein. Es geht vielmehr auch um Kompetenzen. In diesem Zusammenhang wird meist die Kompetenzdefinition von Weinert zitiert: „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Fußnote 3) Kompetenz ist demnach eine Disposition, die Personen befähigt, unterschiedliche Situationen individuell zu bewältigen. In diesem Sinne setzt Kompetenz Wissen voraus, ist mit diesem aber nicht gleichzusetzen. Kompetenz zeigt sich im Vollzug, also im Nachhinein und ist ein Prozess und kann nicht punktuell nachgewiesen werden.
Nach Weinert muss die Entwicklung von Kompetenzen mit einer Studierendenzentrierung einher gehen muss, damit die Studierenden die verschiedenen Kompetenzen in ihrer Fachwissenschaft und die Übergreifenden Kompetenzen überhaupt entwickeln können.
Auch die KMK-Vorgaben sehen vor, dass Folgendes für die Studiengängen und die Module geklärt werden muss: „Welche fachlichen, methodischen, fachpraktischen und fächerübergreifenden Inhalte sollen vermittelt werden, welche Lernziele sollen erreicht werden? Welche Kompetenzen (fachbezogene, methodische, fachübergreifende Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen) sollen erworben werden?“ Die Studierenden sollen also ausgehend von konkreten Inhalten Kompetenzen und Fähigkeiten entwickeln, die über das bloße Verfügen von Wissen hinausgehen.
II.IV Forschendes Lernen - Lernendes Lehren
Studierende sollten nicht nur seitens der Lehrenden gezielt an bestehende Forschungsgebiete herangeführt werden. Sie sollen ebenfalls die Möglichkeit haben, bereits während ihres Studiums eigene Forschungsfragen zu entwickeln, Forschungsgebiete zu erschließen und im Studium forschend zu Lernen. Lehr- und Lernarrangements bringen es mit sich, dass Dozierende nicht mehr hierarchisch und alleine über Lehre bestimmen, sondern eine Rolle als ModeratorInnen, UnterstützerInnen, Ansprechperson für Studierenden einnehmen, wie es bspw. in den vielen Arbeitsgruppen der Heidelberger Naturwissenschaften bereits der Fall ist. Ebenfalls sind die Rollen zwischen Lernenden und Lehrenden nicht mehr in einer festen Konstellation zu sehen, sondern die Rollen von „Lehrenden“ und „Lernenden“ wechseln und überschneiden sich: Forschendes Lernen und Lernendes Lehren. Klassische Lehre spielt hier nach wie vor eine große Rolle, sollte sich aber nun in einem Konzept mit anderen Lehr- und Lernformen zu thematisch und inhaltlichen abgestimmten Lehr- und Lernarrangements ergänzen.
II.V Studierende als gleichberechtigte PartnerInnen bei der Konzeption und Ausgestaltung ihres Studiums
Damit jedoch in den Studiengängen ein solches Lehr- und Lernangebot im Zuge der Revision oder Neufassung von modularisierten Studiengängen entwickelt werden kann, müssen künftig die Studierenden als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe beteiligt werden. Bei der Konzeption eines Studienganges ist die Mitarbeit und Einbindung der Studierenden zur gemeinsamen Bearbeitung nicht ein Aspekt, den es zu beachten gilt, sondern die Basis. Voraussetzungen für einen solchen Prozess, an dem alle Statusgruppen auf Augenhöhe beteiligt werden, sind in Heidelberg: Fachräte, Studienkommissionen, Fakultätsräte, SAL, Senat. Modularisierung bietet nun vielfältige Möglichkeiten, forschendes Lernen zu ermöglichen. Inwieweit dies gelingt und wo weitere Veränderungen geboten sind, wird kontinuierlich in den Gremien evaluiert und weiterentwickelt.
Ombudsperson
Zitat aus dem Prager Kommunique einbauen zum Abschluss
III. Vorgehen für die Weiterentwicklung der bisherigen Modularisierung:
Vor dem Hintergrund der eben ausgeführten Überlegungen fordern wir, dass künftig bei modularisierten Studiengängen im Rahmen einse Lehr- und Lernkonzeptes für Forschendes Lernen und Lernendes Lehren eine qualtitative Gestaltung des Studiums angestrebt wird.
Prüfungsordnungen und Modulhandbücher bilden hierfür den technischen Rahmen. An die Modularisierung legen wir folgende Kriterien an:
1.Die Studierenden werden durch die neue Heidelberger Gremienstruktur als gleichberechtigte PartnerInnen auf Augenhöhe von Anfang an an der Gestaltung des Studiums beteiligt. Darüberhinaus wirkt die Uni Heidelberg aktiv darauf hin, dass die gesetzlichen Möglichkeiten der Mitbestimmung der nicht-professoralen Statusgruppen hin.
2.Forschendes Lernen und Lernendes Lehren müssen die Basis der künftigen Neufassungen und Überarbeitungen der Prüfungsordnungen sein.
3.Bei künftigen Neufassungen und Überarbeitungen der Prüfungsordnungen ist die Vielfältigkeit individueller Studienverläufe zu berücksichtigen:
a) Wir lehnen eine unbegründete Sequenzierung ab, denn in vielen Fällen ist es nicht sinnvoll, die Reihenfolge von Veranstaltungen vorzuschreiben.
b) Teilzeitstudien, die insbesondere für junge Familien relevant sind, müssen im Rahmen einer flexibleren Studiengestaltung zu einer selbstverständlichen Variante des Studiums ohne zusätzliche organisatorische Komplikationen werden.
c) Prüfungsordnungen müssen Raum für die freie Entwicklung und Entfaltung persönlicher Neigungen und fachlicher Interessen lassen.
d) Wir fordern daher eine Öffnung aller Veranstaltungen für alle Studierenden unabhängig vom Studiengang in den sie eingeschrieben sind; wobei bei Kapazitätsengpässen den Fachstudierenden der Vorzug zu geben wäre, bis die Kapazitäten ausgebaut wurden.
e) Eine stärkere Berücksichtigung der verschiedenen Vorkenntnisse und Schwerpunkte von Studierenden mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen (innerhalb eines Studienfachs und studienfachübergreifend), ist innerhalb der Veranstaltungen notwendig. Das muss in deren didaktische Konzeption Eingang finden.
Bisher waren Veranstaltungen stark auf eine von vielen anwesenden Zielgruppen zugeschnitten, die Minoritätsgruppe(n) hatten Pech.
4.Wir lehnen Prüfungsordnungen ab, die Lernende und Lehrende in einen Prüfungsmarathon zwingen, dies heißt:
a) Wir lehnen ab, dass grundsätzlich jede Veranstaltung einzeln geprüft werden muss.
b) Wir fordern, dass im Laufe des Studiums unterschiedliche Prüfungsformen vorgesehen sind und geeignete Rahmenvoraussetzungen dafür geschaffen werden. Auch Wahlmöglichkeiten für Prüfungsformen sind anzudenken.
c) Wir lehnen einen Benotungszwang jeder einzelnen Veranstaltung ab. Bei der Konzeption der Prüfungsordnung ist zu überlegen, in welchem Maß und an welcher Stelle Benotung sinnvoll ist.
d) Wir fordern, dass sofern sinnvoll Module mit einer abschließenden umfassenden Modulprüfung vorzusehen sind.
e) Wir fordern, dass inhaltlich und zeitlich abgeschlossene Module konzipiert und angeboten werden.
5.Wir lehnen eine Unitisierung, d.h. das unmotivierte und unbegründete Zusammenfassen von Veranstaltung zu einem „Modul“, ab.
6.Wir lehnen ab, dass Punkte/Leistungsnachweise nachträglich aberkannt werden.
Es gibt Prüfungsordnungen,die vorsehen, dass ein Modul innerhalb einer bestimmten Zeitspanne absolviert werden muss. Wenn dies nicht geschieht, verfallen alle bisher erworbenen Leistungspunkte und Leistungsnachweise.
7.Prüfungsordnung sollten eine größeres Repertoire an Lehr-/Lernformen ermöglichen als bisher. Dies beinhaltet insbesondere, dass Module als ganze kompetenzorientiert sind.
Fußnoten:
Fußnote 1: vgl. die Definitionen und Standards für die Modularisierung (S.2.) der "Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen", Beschluss der KMK vom 15.09.2000 i. d. F. vom 22.10.2004, einzusehen u.a. unter:
http://www.hrk.de/bologna/de/download/dateien/KMK_Rahmenvorgaben_Modularisierung_ECTS_22102004.pdf
Fußnote 2: bei diesem Dokument handelt es sich um das Ergebnis eines der Bologna-Folgetreffen auf europäischer Ebene, in deren Zuge die Entwicklung des Bologna-Prozesses diskutiert wurde und jeweils bestimmte wichtige Punkte festgehalten wurden, die als wesentliche Voraussetzungen für das Gelingen von Studienreform aufgefasst wurden und deren Erfüllung oder Nichterfüllung in der Folge dann evaluiert werden.
Fußnote 3: Weinert, F. E. (2001). Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In F. E. Weinert (Hrsg.), Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S. 17–31; S. 27
Nochmal drüber gehen und einbauen:
Ombudsperson einbauen, damit sie mal drin ist
Diskussionsportfolio einbauen
Begriffliche Klärung der zentralen Begriffe – einiges ist noch nicht so richtig definiert..
irgendwo einbauen: Lehrende sind alle Gruppen, nicht nur Profs
1.2 Krude Materialsammlung
==> wir sollten mal ein Q-Treffen dazu machen...
1.2.1 Was ist Modularisierung? (KMK)
Laut der KMK (Kultusministerkonferenz) gilt Folgendes:
Modularisierung ist die Zusammenfassung von Stoffgebieten zu thematisch und zeitlich abgerundeten, in sich abgeschlossenen und mit Leistungspunkten versehenen abprüfbaren Einheiten. Module können sich aus verschiedenen Lehr- und Lernformen (wie z.B. Vorlesungen, Übungen, Praktika u.a.) zusammensetzen. Ein Modul kann Inhalte eines einzelnen Semesters oder eines Studienjahres umfassen, sich aber auch über mehrere Semester erstrecken. Module werden grundsätzlich mit Prüfungen abgeschlossen, auf deren Grundlage Leistungspunkte vergeben werden.
Einzusehen auf: http://www.akkreditierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/Dokumente/kmk/KMK_041022_Leistungspunktsysteme.pdf
Zusammengefasst sollte ein Modul also eine Einheit von thematisch und zeitlich zusammenhängenden Lehrveranstaltungen, die in einer Prüfung absolviert wurden.
==> Finden wir es gut, dass ein Modul als Einheit nur von dem Aspekt der Abprüfbarkeit definiert wird?
==> Die neuen Studiengänge sind kompetenzorientiert. Was heißt das? => Weinert nachschlagen!
Wie positionieren wir uns generell zu Benotung? Lehnt die FSK Benotung als Selektionsinstrument ab?
1.2.2 Stellungnahme zu einer Germanistik-PO
In der von dem Fakultätsrat befürworteten Prüfungsordnung fand keine Modularisierung statt.
Unter Modularisierung versteht die KMK Folgendes: „Modularisierung ist die Zusammenfassung
von Stoffgebieten zu thematisch und zeitlich abgerundeten, in sich abgeschlossenen und mit
Leistungspunkten versehenen abprüfbaren Einheiten.“1
Im Gegensatz hierzu besteht bspw. das „Modul“ „Einführungen“ der vorliegenden
Prüfungsordnung aus einer „Einführung in die Neuere Deutsche Literaturwissenschaft“, einer in
die „Germanistische Sprachwissenschaft“ und einer „in die Mediävistik (Mittelhochdeutsch)“.
Die einzige Gemeinsamkeit dieser Veranstaltungen ist der Veranstaltungstyp. Auch in den
anderen „Modulen“ gibt es kaum thematisch aufeinander aufbauende Veranstaltungen. Daher
können diese Module auch nicht mit einem Leistungsnachweis als Modul abgeschlossen werden.
Konsequenterweise gibt es in der vorliegenden Prüfungsordnung auch keine Modulprüfung,
stattdessen wird jede Veranstaltung einzeln abgeprüft. Somit werden Empfehlungen der aktuellen
Debatte nicht beachtet. So riet die KMK zusammen mit der HRK am 10.12.2009:
• „die Prüfungsbelastungen zu reduzieren, indem grundsätzlich nicht mehr als eine Prüfung pro
Modul vorgesehen wird,
1 Siehe den 2.Absatz von „Definitionen und Standards für die Modularisierung“ auf S.2. von: Rahmenvorgaben für die
Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen (Beschluss der Kultusministerkonferenz
vom 15.09.2000 i. d. F. vom 22.10.2004) u.a. findbar unter:
http://www.hrk.de/bologna/de/download/dateien/KMK_Rahmenvorgaben_Modularisierung_ECTS_22102004.pdf
• die Arbeitsbelastung für die Studierenden zu überprüfen und ein realistisches und vertretbares
Maß zu gewährleisten,“2
Dadurch, dass jede Veranstaltung einzeln geprüft wird, wird die Prüfungslast unnötig erhöht.
In einem derart gebauten Studium werden Studierende nicht in dem gefördert, was ein Studium
eigentlich ausmachen sollte, nämlich, aufbauend auf fachbezogenem Wissen und Methoden,
eigenständig Zusammenhänge zu erschließen, Fragestellungen zu entwickeln und zu bearbeiten.
Stattdessen verleitet ein solcher Studienaufbau dazu, die einzelnen Veranstaltungen
abzuhaken und reproduzierbares Detailwissen für die nächsten Prüfungen anzusammeln.
Insgesamt ist dieser Studiengang eher wissens- und nicht kompetenzorientiert im Sinne Weinerts:
„Kompetenzen [sind definiert] als funktional bestimmte, auf bestimmte Klassen von
Situationen und Anforderungen bezogene kognitive Leistungsdispositionen, die sich
psychologisch als Kenntnisse, Fertigkeiten, Strategien, Routinen oder auch bereichsspezifische
Fähigkeiten beschreiben lassen.“ (Weinert, 2001)
Hiermit ignoriert man einen wesentlichen Grundgedanken einer qualitativen Studienreform, wie
sie auch die Bolognareform vom Anspruch her sein will. Die vorgelegte Prüfungsordnung setzt
nicht eine an den Lernenden orientierte Studienreform um, sondern übergeht den Konsens der
Universität Heidelberg, nach den Protesten dieses und letzten Semesters, die Bachelor-
Studiengänge einer Revision zu unterziehen.
Dass zudem die Prüfungsbelastung auch für die Lehrenden – und in der Regel v.a. den Mittelbau
– unnötig groß ist, darf hierbei keinesfalls außer Acht gelassen werden. In der vorliegenden
Prüfungsordnung müssen im Hauptfach 13 Leistungsnachweise erbracht werden. Es ist mir
schleierhaft, wie dies innerhalb von sechs Semestern zuzüglich einem zweiten Hauptfach oder
zwei Nebenfächern, einer Abschlussprüfung, einer Abschlussarbeit sowie den Übergreifenden
Kompetenzen sinnvoll geleistet werden soll. Ferner ist es damit praktisch unmöglich während des
Studiums ins Ausland zu gehen und das Studium dabei in der Regelzeit abzuschließen.
Die Fachschaft Germanistik wurde an der Konzeption nicht beteiligt, sodass es für Studierende
keine Möglichkeit der Mitwirkung gab, um die hier benannten Probleme zu beheben. Somit war
die von vielen Stellen, z.B. im Prager Kommuniqué, geforderte Beteiligung der Studierenden bei
der Konzeption der Prüfungsordnung nicht gegeben. Dort steht u.a.: „Sie [Anm.: die
Ministerinnen und Minister] unterstützten die Auffassung, dass Hochschulausbildung als ein
2 http://www.kmk.org/presse-und-aktuelles/meldung/kultusministerkonferenz-und-hochschulrektorenkonferenz
handelngemeinsam.html
öffentliches Gut zu betrachten und dass sie eine vom Staat wahrzunehmende Verpflichtung ist
und bleibt (Regelungen usw.), und dass die Studierenden gleichberechtigte Mitglieder der
Hochschulgemeinschaft sind. [...] Die Ministerinnen und Minister hoben hervor, dass die
Beteiligung der Universitäten und anderer Hochschuleinrichtungen und der Studierenden als
kompetente, aktive und konstruktive Partner bei der Errichtung und Gestaltung des europäischen
Hochschulraumsnotwendig ist und begrüßt wird [...] Die Ministerinnen und Minister
bestätigten, dass die Studierenden an der Organisation und am Inhalt der Ausbildung an
Universitäten und Hochschuleinrichtungen teilnehmen und sie beeinflussen sollten.“3
Bezüglich der Studierenden geschah dies bei dieser Prüfungsordnung in keiner Form. Daher
schließe mich der studentischen Stellungnahme aus der Studienkommission von Alexander
Freihaut an und bitte den Senatsausschuss für Lehre, die Studienordnung im Sinne der
Studierenden abzulehnen und sie ans Fach zurückzugeben.
1.2.3 und nochmal eine Stellungnahme zu einer Germanistik-PO
a) In dieser, von der Studienkommission befürworteten Studien- und Prüfungsordnung wurde keine Modularisierung umgesetzt. Das Fach wird zerfasert.
Die KultusministerInnenkonferenz (KMK) definiert eindeutig den Begriff "Modularisierung": "Modularisierung ist die Zusammenfassung von Stoffgebieten zu thematisch und zeitlich abgerundeten, in sich abgeschlossenen und mit Leistungspunkten versehenen abprüfbaren Einheiten.“1
Vor diesem Hintergrund jedoch erscheint es unverständlich, dass bspw. das Basismodul A1 der vorliegenden Studien- und Prüfungsordnung aus drei thematisch wenig zusammenhängenden Teilen besteht: Die einzige ersichtliche Gemeinsamkeit, die sich bei der "Einführung in die Neuere Deutsche Literaturwissenschaft", der "Einführung in die Germanistische Sprachwissenschaft" und der "Einführung in die Mediävistik (Mittelhochdeutsch)" ergibt, ist der Veranstaltungstyp. Hinzu kommt, dass das Basismodul A1 nicht durch einen einzigen Leistungsnachweis abgeschlossen wird, sondern durch drei einzelne Prüfungen. Dies widerspricht der aktuellen Debatte und beachtet darüber hinaus eine Empfehlung der KMK und der HochschulrektorInnenkonferenz (HRK) vom 10.12.2009 nicht, welche dazu rät,:
"die Prüfungsbelastungen zu reduzieren, indem grundsätzlich nicht mehr als eine Prüfung pro Modul vorgesehen wird,
die Arbeitsbelastung für die Studierenden zu überprüfen und ein realistisches und vertretbares Maß zu gewährleisten."2
Da es sich darüber hinaus auch bei den anderen sog. "Modulen" kaum um thematisch aufeinander aufbauende und in sich konsistente Lehreinheiten handelt, werden diese ebenfalls nicht mit einem einzigen Leistungsnachweis abgeschlossen.
Durch die einzelne Abprüfung jeder Veranstaltung wird die Prüfungslast für die Studierenden enorm erhöht. Dies führt dazu, dass die Studierenden aufgrund des jedes Semester wiederkehrenden Prüfungsmarathons davon abgehalten werden, was eigentlich ein Studium ausmachen sollte: Das eigenständige Erschließen von Zusammenhängen sowie die Entwicklung und Bearbeitung von Fragestellungen, aufbauend auf fachbezogenem Wissen und Methoden. In diesem Zusammenhang ist weiterhin hinderlich, dass die Studierenden des modularisierten Lehramtes nicht frei zwischen den einzelnen Proseminaren eines Teilbereiches wählen können, wie es im Magister- und Staatsexamensstudiengang noch der Fall war. Vielmehr sind Teilbereiche von Teilbereichen zu belegen: Im Rahmen des Moduls A2 in der Germanistischen Sprachwissenschaft müssen sich die Studierenden bspw. auf den Bereich "Sprache als System" festlegen. In einem Proseminar des Moduls A3 müssen sie dann ein Proseminar im Bereich "Mittel der Kommunikation" oder "Sprachgeschichte" wählen.
Eine derartige Zergliederung des Fachs in Teilbereiche von Teilbereichen ist abzulehnen. In einem Studium der Germanistik kommt es unseres Erachtens nicht darauf an, additiv Leistungsnachweise in verschiedenen Teilbereichen ohne erkenntlichen roten Faden zu sammeln, sondern diese so miteinander zu verbinden, dass man sie vor dem Hintergrund einer spezifischen, individuellen Fragestellung als Einheit begreift. Die aktuelle Studien- und Prüfungsordnung Deutsch erschwert diese Einheit jedoch, das Studium der Germanistik wird zerfasert.
Jedes Mal, wenn seitens der Studierenden diese Kritik geäußert wird, wird darauf entgegnet, die Studierenden bräuchten ein "Geländer", und dies sei politisch so gewollt. Wir jedoch sind der Auffassung, dass die Studierenden insbesondere durch ein Hochschulstudium dazu angeleitet werden sollen, eigenständig und ohne Anleitung zu agieren und eigene Studieninteressen zu erkennen und diese zu verfolgen. Andernfalls sehen wir die Prinzipien einer Hochschule im Sinne Humboldts grundlos begraben. Kann es Ziel der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg sein, die Studierenden allein dazu zu befähigen, einzelne Veranstaltungen nur noch abzuhaken und reproduzierbares Detailwissen für die nächsten Prüfungen anzusammeln?
Die vorliegende Studienordnung für den Lehramtsstudiengang im Fach Deutsch ignoriert einen wesentlichen Grundgedanken einer qualitativen Studienreform, welche eigentlich Ausgangspunkt der sog. "Bologna-Reform" gewesen ist. Die vorgelegte Studien- und Prüfungsordnung setzt nicht eine an den Lernenden orientierte Studienreform um, sondern übergeht systematisch die weit verbreiteten Forderungen, nach den massiven Protesten der vergangenen Semester, die Bachelor-Studiengänge, und damit auch die Lehramtsprüfungsordnungen, die mittlerweile an die Bachelor-Studiengänge angelehnt sind, einer grundlegenden Revision zu unterziehen.
b) Überlastung von Lehrenden und Lernenden
Darüber hinaus ist die in der vorliegenden Prüfungsordnung festgeschriebene Prüfungsbelastung für die Lehrenden - in der Regel vor allem für den Mittelbau - enorm. Wenn die Studierenden im Hauptfach 15-17 Leistungsnachweise im Laufe ihres Studiums erbringen müssen, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Lehrenden für die Bewertung dieser Vielzahl an Leistungsnachweisen verantwortlich sind. In Anbetracht der unzureichenden Ausstattung an Lehrpersonal an der Universität wird der sich ergebende Effekt für die Lehrenden noch einmal verschärft.
Es ist zudem schleierhaft, wie es für die Studierenden möglich sein soll, innerhalb von zehn Semestern für zwei Hauptfächer jeweils eine derartige Zahl an Leistungsnachweisen zu erbringen, vor allem, da noch eine Abschlussprüfung, eine Abschlussarbeit, die modularen personalen Kompetenzen, das ethisch-philosophische Begleitstudium und das Schulpraxissemester hinzu kommen.
c) Soziale Selektion
Es ist also schwierig bis praktisch unmöglich, das Studium gemäß der vorgelegten Studien- und Prüfungsordnung in der Regelstudienzeit abzuschließen. Dies trifft besonders die BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger hart, da diese nach der Regelstudienzeit kaum noch Fördermöglichkeiten finden können. So sind sie gezwungen, neben dem Studium zu arbeiten, oder Geld von ihren Eltern zu erbitten. Daraus folgt, dass erneut diejenigen bevorzugt werden, die nicht auf staatliche Förderung angewiesen sind. Die hier vorgelegte Studienordnung ist demnach sozial nicht verantwortbar.
d) Pseudobeteiligung der Studierenden
Es ist umso verwunderlicher, dass die genannten Mängel weiterhin fortbestehen, da auf Initiative des Germanistischen Seminars der Universität Heidelberg gemeinsame Gespräche zwischen Lehrenden und Lernenden zur Ausarbeitung dieser Prüfungsordnung geführt wurden. Diese Gespräche fanden zwar in angenehmer Atmosphäre statt, dies konnte jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass weder die Professorinnen und Professoren noch die Studienkommission dazu bereit waren, auf die grundlegende Kritik der Studierenden einzugehen und an der Prüfungsordnung Änderungen vorzunehmen.
Bereits 2001 wurde im Prager Kommuniqué erklärt, dass "die Studierenden gleichberechtigte Mitglieder der Hochschulgemeinschaft sind.", dass "die Beteiligung [...] der Studierenden als kompetente, aktive und konstruktive Partner bei der Errichtung und Gestaltung des europäischen Hochschulraums notwendig ist und begrüßt wird", und, dass "die Studierenden an der Organisation und am Inhalt der Ausbildung an Universitäten und Hochschuleinrichtungen teilnehmen und sie beeinflussen sollten."3
Gerade vor dem Hintergrund des Prager Kommuniqués ist die suggerierte Beteiligung der Studierenden am Ende nur als Farce zu bezeichnen, die Meinung der Studierenden wurde übergangen, und die von vielen Stellen geforderte gleichberechtigte Beteiligung der Studierenden bei der Konzeption von Prüfungsordnungen war nicht gegeben.
Wir möchten abschließend wiederholen, dass wir die vorgenommenen kosmetischen Veränderungen an der Zwischenprüfungs- und Studienordnung des Lehramtsstudiengangs Deutsch ablehnen, weil jede nur geringfügige Änderung den inakzeptablen Status Quo weiter zementiert. Wir fordern daher - unter angemessener und ehrlicher Beteiligung der Studierenden! - eine grundlegende Neufassung dieser Studienordnung, welche nur im Zusammenhang mit einer Revision der Prüfungsordnung für den Bachelor Deutsche Philologie erfolgen kann, da beide Studiengänge aneinander gekoppelt sind und nur dadurch sicher gestellt werden kann, dass Studierende flexibel zwischen Lehramts- und Bachelorstudiengang wechseln können.
1.3 Links: (da gibt es haufenweise Zeugs von uns dazu:)
Bologna-Workshop: Workshop Modularisierung
Präsentation des AK Lehramt: http://www.fachschaftskonferenz.de/fileadmin/Dokumente/AKs/Lehramt/Praesentation_Lehramtmodularisierung.pdf